Mehrlagige Keramik-Leiterplatten und FR4-PCBs im Vergleich: Wann und wofür wird welche Leiterplattenart eingesetzt

Erstellt: September 7, 2018
Aktualisiert am: January 18, 2021
Mehrlagige Keramik-Leiterplatten und FR4-PCBs im Vergleich: Wann und wofür wird welche Leiterplattenart eingesetzt

Das Wort „Keramik“ weckt bei den meisten Erinnerungen an den Kunstunterricht in der Unter- und Mittelstufe, wo man stolz klobige Kaffeetassen für die Eltern knetete. Heute sind keramische Massen aus Ihrem beruflichen Alltag als Techniker nicht mehr wegzudenken. Es spielt in vielen der gängigen elektronischen Bauteilen eine wichtige Rolle. Ein Schaltkreisdesign mit Kondensatoren auf Keramiksubstrat kann eine sinnvolle Option sein. 

Keramik-PCBs sind besonders interessant für Branchen, in denen Hochfrequenz-/Hochgeschwindigkeitsleiterplatten gefragt sind, die auch rauen Umgebungen standhalten. Ein Umstieg von FR4- zu Keramik-Leiterplatten bringt Luft- und Raumfahrt und Anlagenbau in puncto Zuverlässigkeit enorme Gewinne. Dem entgegen stehen jedoch Kosten, die bei Großserienfertigung zu einem maßgeblichen Faktor werden.

Der Vergleich zu FR4-PCBs

Keramik-Trägerplatten bieten gegenüber FR4-Trägerplatten einige Vorteile, die sich bei manchen Anwendungen auszahlen. Keramik ist kein einzelner definierter Werkstoff. Der Begriff bezeichnet eine Gruppe von Werkstoffen mit einem ähnlichen chemischen Bau und ähnlichen physikalischen Eigenschaften. Für Leiterplatten verwendet man als Keramiksubstrate üblicherweise Aluminiumoxid, Aluminiumnitrid und Berylliumoxid, ebenso Siliziumcarbid und Bornitrid, die von den Leistungseigenschaften her vergleichbar sind.

Der Hauptunterschied von FR4 zu keramischen Massen ist die thermische Leitfähigkeit. Diese ist im Vergleich zu den gängigen Keramikwerkstoffen für Leiterplatten extrem gering. So haben Aluminiumoxid eine 20 Mal, Aluminiumnitrid und Siliziumcarbid eine 100 Mal höhere thermische Leitfähigkeit als FR4, die von Berylliumoxid liegt sogar noch darüber. Die bei weitem höchste thermische Leitfähigkeit hat allerdings Bornitrid.

FR4-Leiterplatten, die hohen thermischen Anforderungen genügen müssen, gleichen ihre geringe thermische Leitfähigkeit durch Metallstrukturen aus, die Wärme transportieren sollen. Zur Wärmeabführung aus den Oberflächenlagen dienen thermische Durchkontaktierungen, Metallplatten auf den inneren Lagen, Kühlkörper und aktive Kühlelemente wie Lüfter. Keramik-Leiterplatten kommen, von extremen Fällen abgesehen, ohne diese Elemente aus. Die Wärme wird problemlos an Kühlkörper, aktive Kühlelemente oder Bauteilverpackungen abgeführt.

Wenn Sie sich mit Chemie und Physik auskennen, dann wissen Sie, dass gerade wärmeleitende Stoffe meist auch gute elektrische Leiter sind. Keramische Massen verhalten sich bis zu einem gewissen Grad anders. Ihre elektrische Leitfähigkeit ist so gering, dass sie sich als PCB-Substrate eignen. Durch eine entsprechende Dotierung lässt sich die elektrische Leitfähigkeit von Keramikplatten einstellen. Mit diesem Verfahren werden auch  Widerstandswerte von widerständen eingestellt. 

Leiterplatte auf Eiswürfeln

Altium erklärt, weshalb Sie statt auf FR4 auf Keramik-Leiterplatten setzen sollten.

Mehrlagige Keramik-Leiterplatten

Es gibt weitere Vorteile, die besonders bei mehrlagigen Leiterplatten auszahlen. Aufgrund der hohen thermischen Leitfähigkeit bilden sich an der Oberfläche und den Innenlagen nicht so schnell heiße Punkte, da sich die Wärme gleichmäßiger über die gesamte Platte ausbreitet. FR4-Leiterplatten setzen dagegen auf Metallstrukturen und aktive Kühlelemente, die Wärme von bestimmten Stellen der Platte wegleiten bzw. Wärme zwischen Lagen abführen.

In mehrlagigen Leiterplatten wird die Verbindung zu den Innenlagen über Durchkontaktierungen (Vias) hergestellt. Diese sind gerade in FR4-Leiterplatten bei thermischer Belastung besonders bruchgefährdet. Die Bruchanfälligkeit ist bedingt durch die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Kupfer und FR4. Die thermische Wechselbelastung führt zu Spannungen entlang der Hülse und den Stumpfstoßnähten der Durchkontaktierungen in den Lötflächen. An diesen Stellen entstehen leicht Risse. Um einem möglichen Versagen von Leiterplatten vorzubeugen, müssen PCB-Designer die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten in ihre Designüberlegungen einbeziehen.

Die Wärmeausdehnungskoeffizienten von Keramikträgerplatten und den aufgebrachten leitenden Strukturen liegen näher beieinander. Deshalb treten auch bei thermischer Wechselbelastung  nicht so starke Spannungen auf. Aufgrund der höheren Wärmeleitfähigkeit breitet sich die Wärme gleichmäßiger über die gesamte Trägerplatte aus und verhindert so übergroße Spannungen an einzelnen Durchkontaktierungen der Trägerplatte. 

Keramische Massen besitzen die gewünschte mechanische Festigkeit und halten hohen mechanischen Belastungen wie Schwingungen und Stößen stand.  Sie haben ein niedrigeres Elastizitätsmodul als FR4, das heißt eine Keramik-Leiterplatte wird sich bei gleicher Kraftaufbringung weniger stark verformen.

Herstellung von Keramik-Leiterplatten

Der Herstellungsprozess ermöglicht das Legen der Leiterbahnen in den einzelnen Lagen mit Silber- oder Goldleitpaste. Diese Metallelemente oder -substrate werden im Siebdruckverfahren Lage für Lage aufgebracht. Durchkontaktierungen (Vias) werden auch mechanisch in eine ungebrannte Lage gestanzt, Mikro-Durchkontaktierungen mit einem Laser gebohrt.

In einem solchen Ofen könnte Ihre Keramik-Leiterplatte gebrannt werden

In einem solchen Ofen könnte Ihre Keramik-Leiterplatte gebrannt werden

Nachdem die Lagen bedruckt und übereinander angeordnet sind, wird der Lagenstapel in einem Ofen gebrannt. Die erforderliche Temperatur zum Brennen der Keramikplatte liegt normalerweise unter 1000 °C. Dies entspricht der Sintertemperatur von Gold- und Silberpasten. Aufgrund der niedriger Brenntemperatur können Gold- und Silber verwendet werden.

Beim Heißpressen/Brennen und Sintern können passive Komponente direkt in die Innenlagen mehrlagiger PCBs eingebracht werden. Bei PCBs aus FR4 funktioniert das nicht. Designer haben so die Möglichkeit, die Bauteil- und Leiterbahnendichte auf den Innenlagen zu erhöhen.

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